Laurentius (Lorenz, Laurenz) war Erzdiakon (Archidiakon = Stellvertreter des Bischofs) von Rom und dadurch Stellvertreter des Papstes.
Er wurde aufgrund seines Martyriums in den römischen Messkanon aufgenommen. Seine Leidensgeschichte fand erst später eine schriftliche Form und ist in den meisten Punkten legendär. Nur ein Dokument berichtet, dass zusammen mit dem römischen Papst Sixtus II noch vier Diakone am 6. August 258 starben.
Wir vermuten, dass Laurentius einer dieser Diakone war. Seine Geschichtlichkeit, das heißt seine reale Existenz, wird jedoch dadurch unterstützt, dass sich seine Verehrung sehr früh nachweisen läßt und dass Kaiser Konstantin bereits 330 eine Kirche über seinem Grab errichten ließ. San Lorenzo ist heute eine der 7 Hauptkirchen Roms (Basilika major).
Legendär ist das Martyrium des hl. Laurentius:
Zur Zeit des hl. Laurentius war die Kirche reich, und der Papst und sein Archidiakon Laurentius hatten Kenntnis von vielen tausend armen, notleidenden Menschen. Als der Präfekt von Rom hörte, dass von Laurentius große Reichtümer an die Armen verteilt würden, weckte das seine Begierde. Er verlangte von Laurentius die Auslieferung der Schätze, damit Kaiser Valerian seine Heerverbände verstärken könne. Nachdem sich Laurentius beharrlich weigerte, der Forderung Folge zu leisten, befahl der Statthalter, einen eisernen Rost zu bereiten und den Diakon über halb glühende Kohlen zu stellen.
Das matte Feuer sollte nur allmählich, aber desto schmerzlicher auf seinen Körper wirken. Nachdem Laurentius längere Zeit die grauenvolle Marter erduldet hatte, sprach er lächelnd zum Statthalter: „Jetzt kannst Du mich wenden lassen, mein Leib ist auf dieser Seite genug gebraten.“
Etwas später rief er: „Nun bin ich hinlänglich gebraten, nimm und iß!“ Dann leuchtete sein Antlitz, er wandte im Sterben die Augen zum Himmel und bat um die Bekehrung Roms (wahrscheinlich am 10. August 258 unter Kaiser Valerian).
Der Heilige ist in der darstellenden Kunst sehr leicht zu identifizieren, denn fast ausnahmslos hat er einen Rost als Attribut seines Märtyrertums in der Hand.
In Effeltrich finden wir seine Darstellung zweimal; er muß also für die Wehrkirche sehr wichtig gewesen sein, denn nur der hl. Georg ist ebenfalls öfter dargestellt.
Der hl. Laurentius war jedoch für Effeltrich fast ebenso wichtig wie der Kirchenpatron.
Immerhin ist er Stadtpatron der mächtigen, freien Reichsstadt Nürnberg, in deren direktem Einzugsbereich Effeltrich liegt. Außerdem war er der Lieblingsheilige von Kaiser Heinrich II., dem Gründer des Bistums Bamberg, zu dem Effeltrich gehörte. Heinrich vertraute nach seinem Tod sein Schicksal dem hl. Laurentius an, der bei der Seelenwägung die Entscheidung bringt, dass Heinrichs Seele in den Himmel kommt. Aus diesem Grund (und wegen des Martyriums über dem Feuer) wird der Heilige als Beschützer vor dem Fegefeuer angerufen. Diese Darstellung findet sich eindringlich von Riemenschneider in Stein gemeißelt auf dem Kaisergrab in Bamberg. Laurentius hatte auch allen Grund, dem Kaiser zu helfen, hatte dieser doch das umstrittene Bistum Merseburg, das unter dem Patronat des Laurentius stand und aufgelöst worden war, wieder eingerichtet und hoch dotiert. Sich unter den Schutz dieses Heiligen zu stellen, lag nahe.
Die beiden Effeltricher Statuen stammen aus völlig verschiedenen Zeitaltern.
Eine gotische Figur steht links im Chor (Kopie im Torbogen der Wehrmauer), ein barocker Laurentius befindet sich rechts außen am Hochaltar. Das gibt die seltene Gelegenheit, den direkten Vergleich zwischen zwei Figuren gleichen Themas, aber unterschiedlicher Zeiten zu ziehen. Auf den ersten Blick fällt auf, dass sie mehr Verbindendes als Trennendes haben. Beide sind im Aufbau identisch. Der Heilige wird jeweils stehend gezeigt. Er ist mit der Dalmatik bekleidet, einem hemdähnlichen Überwurf über dem Untergewand. Das ist das äußere Zeichen für sein Amt als Archidiakon. Beide Figuren halten den obligatorischen Rost und das Evangelium als Zeichen der Gottgelehrtheit in den Händen. Aus praktischen Gründen gab man der barocken Figur am Hochaltar den Rost in die Linke. Über Jahrhunderte hinweg ist die Figur vom Prinzip her gleich dargestellt. Das mag nicht verwundern, denn im Prototyp sah man das echte Urbild, und mit wenig Variationen bleibt man diesem Urbild treu. Das trifft für fast alle Heiligendarstellungen zu, die ja für das Volk einfach zu erkennen sein sollten. Das konnten sie nur, wenn sie einer Tradition treu blieben.
Unterschiede in unseren beiden Figuren sind lediglich in der künstlerischen Ausführung zu beobachten. Der Laurentius der Gotik ist blockhaft geschlossen, passiv und in sich gekehrt, der tapfere Dulder im Leid. Die barocke Figur ist lebendiger, aktiver und raumgreifender. Das Antlitz ist weicher, und durch den ausdrucksstarken Blick nach oben erfährt die Statue eine Drehung, die die Figur gleichsam in den Himmel ziehen möchte. Im Leid spürt der Märtyrer bereits die himmlische Herrlichkeit, die ihn in Verzückung versetzt.
Wesentlicher Unterschied zur gotischen Figur ist der Strahlenkranz als Sonderform eines Heiligenscheins. Der Nimbus ist ein allgemeines Attribut der Heiligen zur Kennzeichnung ihrer ewigen Herrlichkeit. Gerade bei der hier zu sehenden Form des Heiligenscheins als goldener Strahlenkranz wird die Herkunft aus dem Sonnensymbol deutlich, besonders beliebt im Barock. Es lohnt sich, die Figuren in Ruhe zu betrachten, zu vergleichen und evtl. noch weitere Unterschiede zu entdecken!
Im Lauf der Zeit fand der hl. Laurentius die besondere Verehrung durch die Armen, weil er als Diakon für die Armen zu sorgen hatte, die er als den wahren Schatz der Kirche ansah. Außerdem ist der Heilige der Patron der Bibliothekare, weil er die Kirchenbücher zu verwalten hatte. Die Berufe, die mit Feuer zu tun haben, erkoren ihn ebenfalls zu ihrem Fürsprecher: Feuerwehrleute und Köche.
An seinem Gedenktag 10. August beten wir im Gottesdienst:
Barmherziger Gott,
die glühende Liebe zu dir
hat dem heiligen Laurentius die Kraft gegeben,
dir und den Armen treu zu dienen
und furchtlos für dich zu sterben.
Hilf uns, dich zu lieben, wie er dich geliebt hat,
und den Armen zu dienen, wie er ihnen gedient hat.
Darum bitten wir durch Jesus Christus ...