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„Auch ihr seid geheiligt“ (1 Kor. 6, 11)

Heilige und Protestanten

Haben um ihre Fürbitte besonders häufig angegangene Heilige „mehr zu tun“ als weniger populäre? Sollte Karl Rahners hypothetische Frage in „Heilige, Heiligung und Heiligenverehrung“ bejaht werden müssen, wären die evangelischen Christen an der unterstellten Mehrarbeit unschuldig.

Luther beseitigte nämlich nicht nur missbräuchliche Auswüchse des zeitgenössischen Heiligenkults. Weil „die Leute mehr Zuversicht auf die Heiligen setzen als auf Christus selbst“, schuf er die Heiligenverehrung ganz ab: „Denn es ist nur ein einziger Versöhner und Vermittler gesetzt zwischen
Gott und den Menschen, Jesus Christus“. Ab 1530 sah das „Augsburger Bekenntnis“ nur noch vor, der Heiligen zur „Glaubensstärkung zu gedenken“ und sich „an ihren guten Werken ein Beispiel zu nehmen“.

Als Vorbilder gelebten Glaubens galten nachreformatori-schen Christen biblisch bezeugte Heilige wie etwa Maria, Apostel, Evangelisten und Märtyrer aber auch Christen außerhalb der kanonisierten Heiligenschar, die beispielhaft die Herausforderungen der Zeit als Ruf Gottes verstanden und, wie alle Christen, in der Taufe durch Christus und den Geist Gottes bereits „geheiligt“ worden waren (1. Kor. 6, 11).

So wurden Kirchen nach Luther und Melanchthon benannt, in der Marktkirche von Halle gar mit
dem 1551 eingemeißelten Zusatz „Sanctus Doctor Martin Lutherus“. Der Schwedenkönig Gustav
Adolf II., der Dichterpastor Paul Gerhardt, dessen Kirchenlieder und Gebete im besten Sinne
ökumenisch genannt zu werden verdienen, und J. S. Bach sind weitere beliebte Namensgeber. J.
Chr. Blumhardt und J. H. Wichern wählte man als christliche Erzieher und Sozialreformer. Dietrich
Bonhoeffer, ermordet im KZ, ehrte man ebenso wie Martin Niemöller unter anderem für ihren
Widerstand gegen Hitler, und den Baptistenprediger, Bürgerrechtler und Friedensnobelpreisträger
Martin Luther King als Kämpfer gegen soziale Unterdrückung und Rassismus. Findet man diese
Persönlichkeiten landesweit als Namensgeber, so hat dagegen die Benennung von Kirchen in Berlin
nach Königin Luise, dem 99-Tage-Kaiser Friedrich III. und Wilhelm I. als Reverenz vor dem Hause
Hohenzollern meines Wissens außerhalb Preußens keine Nachahmereffekte ausgelöst.

Ob die Namensgeber bei evangelischen Christen zu einer Neubesinnung auf das eigentlich
christlich-religiöse Wesen der Heiligenverehrung geführt hat? Wie vielleicht schon bei dem
Pietisten G.Tersteegen 1733, der durch solche „Zeugen des Herrn“ doch allein Gottes Ehre gemehrt
sah:„Alle Taten, alle Tugenden, alle Lichter, alle Gnaden und Wunder, die wir an ihnen sehen, sind
Deine Gnaden“? Ich stelle mir vor, dass sich die Heiligen mit den längst in den Himmel
aufgenommenen evangelischen Namensgebern darüber angeregt austauschen, vorausgesetzt, die
Heiligen sind nicht ständig mit katholischen Fürbittenaufträgen überlastet.

Ein Beitrag von Prof. Dr. Heimo Ertl im Heinrichsblatt Nr 12 vom 21.März 2010
zum Ökumenischen Kirchentag in München 2010