freuen Sie sich, denn heute wird Ihnen mal keine Predigt gehalten. Heute ist der Adressat der Predigt jemand anders: nämlich unsere Pfarrkirche,
also liebes Gotteshaus St. Georg in Effeltrich,
seit 75 Jahren bist du eine Pfarrkirche und sollst damit die Mitte unserer Pfarrei sein. Vorher warst Du nur eine Kuratiekirche, zugeordnet der Pfarrei Kersbach. Ein ganzes Jahr wollen wir Dich wegen der Erhebung vor einem Dreivierteljahrhundert feiern. Heute z. B. fröhlich beim geselligen Pfarrfest.
Deine Wurzeln reichen sehr weit zurück. Gesichert ist das Jahr 1433 als urkundliche Ersterwähnung, das tatsächliche Alter reicht aber mindestens 700 Jahre zurück. Aus der Zeit stammt nämlich ein Eichenbalken am Torhaus.
Du birgst viele Schätze aus allen Epochen: die alten Mauern, die gotischen, barocken und neugotischen Heiligenfiguren aus Holz, Gemälde aus alter und neuer Zeit und auch Bronzeplastiken. Der Taufstein, die Glocken, Fahnen, Monstranzen und Kelche u.v.a.m. Der christliche Glaube der Stifter ist hier gleichsam greifbar. Jede Zeit hat an Dir als Gesamtkunstwerk mit gebaut und ein Glaubenszeugnis dazugegeben.
Die Liebe zu Dir hält an, seit ich das erste Mal bei Dir war. - Wie viele Menschen hast Du ein- und ausgehen sehen? Bauern, Knechte u. Mägde, Männer u. Frauen, alte und junge, traurige und frohe Menschen, Bischöfe verschiedener Konfessionen, Botschafter, Politiker, Heimatforscher, Filmer und Schauspieler, Reporter und Fernsehleute, Organisten, Sänger und Musikanten und natürlich Touristen, in den letzten Jahren auch Jakobspilger und immer waren in all den Zeiten Beter da.
Was Dich so liebenswert macht: Durch Deine offenen Türen dürfen wir dem Herrn jeden Tag begegnen. Ich liebe es, in Dir Gottesdienst mit der Pfarrgemeinde zu feiern und auch in Dir zu sein, wenn mal niemand da ist. Einfach schauen und mich anschauen lassen - Balsam für meine Seele.
Du bist einladend für die Menschen seit Jahrhunderten. Die Gebetsatmosphäre von vielen Jahrhunderten ist zu spüren im Lob-, Dank- und Bittgebet, das laut oder still unter Deinem Dach verrichtet wurde. All das Beten und Singen, obwohl es längst verklungen ist, trägt jetzt die gegenwärtigen Besucher, wenn sie empfänglich dafür sind. Es freut Dich, dass die evangelischen Christen einmal im Monat zum Gottesdienst zu Dir kommen und dass seit einigen Jahren auch junge Christen bei Dir konfirmiert werden. Ein ökumenisches Hoffnungszeichen: Die noch getrennten Christen sind bereits unter einem Dach, wenn auch noch zu unterschiedlichen Zeiten.
Wie viele Kinder sind seit dem 1. Juli 1937 hier schon getauft worden, nachdem die Krankenhaustaufen abgeschafft wurden! Wie viele empfingen hier die hl. Erstkommunionen, Jahr für Jahr! In den 75 Jahren wurdest Du zu 643 Hochzeiten festlich geschmückt. Bei 951 Beerdigungen trauerten in Dir Menschen um einen lieben Verstorbenen, Gefallenen oder Verunglückten.
Auch die Tierwelt hat Dich entdeckt. Die Wildtauben waren zunächst recht rücksichtslos. Sie hatten ganz einfach die Glockenstube und den Dachboden in Beschlag genommen und ihre Hinterlassenschaft dagelassen. Deine Geduld muss ich wirklich bewundern. Fleißige Helfer mussten die dicke Kotschicht vergangener Zeiten entfernen u. in vielen Müllsäcken abtransportieren. Doch als eines Tages die Turmfalken kamen, übernahmen sie die Lufthoheit und die Tauben machten freiwillig Platz. Die Turmfalken nisten bereits seit etwa 25 Jahren ununterbrochen in einer Fensternische des Turms. Sie sind bescheiden und brauchen nicht viel Platz.
ich danke Dir, dass Du nicht nur den Turmfalken Zuflucht gewährst, sondern auch mir geistige Heimat bist. Ich danke Dir, dass Du immer da bist und Zeit für mich hast. Denn bei Dir darf jeder Mensch Freud und Leid, Lob und Dank vor Gott bringen. Es ist ja Deine Aufgabe. Aber was wärest Du, wie es im Hohen Lied der Liebe heißt, ohne die Liebe. Du erfüllst Deine Aufgabe gern: Haus Gottes und Haus für die Gottesdienstgemeinschaft zu sein. Diese Aufgabe erfüllst Du nicht nur Sonntag für Sonntag, sondern auch bei den Gottesdiensten unter der Woche.
wir versprechen Dir im Jubiläumsjahr, für eine neue ORGEL zu sparen. Deine jetzige wurde im Jahre 1940 aus lauter Ersatzteilen von einer Lichtenfelser Firma zusammengebaut. Eine gewaltige Leistung mitten im 2. Weltkrieg. Die Effeltricher haben die damalige Anschaffung gestemmt, wo es im Unterschied zu heute am Nötigsten fehlte. Nach dem Urteil des Orgelsachverständigen der Diözese verdient „die herausragende Anlage der Kirchenburg und das kunstgeschichtlich bedeutsame Innere“ eine angemessene Orgel.
Die Gebrechen deiner Orgel steigern sich von Jahr zu Jahr, die Ausbesserungen sind kostspielig. Auf lange Sicht ist neu oft billiger als immer wieder reparieren. Jeder stößt ja sein Auto ab, wenn die Reparaturen beginnen. Jeder möchte mit dem neuen Modell auch die neue Technik. --- Verzeih´ mir, wenn ich es offen sage: Genauso ist es bei deiner Orgel, die noch ein anfälliges u. schwerfälliges pneumatisches Werk ist. (Pneumatisch gleicht rheumatisch, so sagt man bei den Organisten.) Heute baut man wieder Schleifladenorgeln wie in Gaiganz, die schon über 100 Jahre alt ist und uns alle überdauern wird. --- Sicherlich, jeder kann bei einer Neuanschaffung dagegen halten: das alte Auto tut es auch noch, sowie die alte Hose, wenn sie auch unansehnlich und unpraktisch ist. Genauso können wir im Alltag gegen jede Neuanschaffung argumentieren. Aber wir leisten uns dennoch immer mal was Neues und dürfen uns daran freuen. Und schließlich sehen wir auch in unserem Dorf, wer nicht mehr investiert, hat sich schon aufgegeben. Du, liebe Pfarrkirche, hast ja eine lange Zukunft vor Dir. Und eine neue Orgel, so die Garantie der heutigen Orgelbauer, wird Generationen überleben, weil sie wieder die altbewährten Techniken der Orgelbaukunst anwenden. Menschen, die uns persönlich nicht mehr gekannt haben, werden sich später darüber freuen, dass wir zu Deinem Jubiläumsjahr den Anstoß für die Neuanschaffung gegeben haben.
Deine Mauern stehen gegenwärtig fest: sie werden zukünftig Festigkeit zeigen, und an die stürmische Vergangenheit erinnern. Schenke uns Deinen langen Atem und Deine Gelassenheit, um stürmische Zeiten in unseren Familien, in unserem Dorf zu überstehen.
Bitte erinnere uns darüber hinaus immer wieder mit deinem zum Himmel zeigenden Turm und durch das Läuten deiner Glocken, dass wir uns jeden Tag und zu jeder Zeit neu auf Gott ausrichten. So verkraften wir die Stürme und Tornados des Lebens, die uns schnell mal Gott aus dem Blickfeld verlieren lassen.
In Deinem Jubiläumsjahr wünsche ich Dir: Lass alle, die zu Dir kommen, die Liebe Gottes spüren, lass sie die Liebe aufnehmen und sie nach Hause bringen und sie weitergeben. - Danke, dass Du da bist!
Ich wünsche Dir noch viele Jahre im Herrn. Sei und bleib Segen für Effeltrich und seine Besucher!
Dir wünsche ich ein schönes Jubiläumsjahr und eine gute Zeit!
Dein Zweiter und hoffentlich nicht letzter Pfarrer
Albert Löhr im Namen vieler!